strandgut
Montag, 9. Februar 2004
Der Pinguin

Es war einmal vor langer Zeit (so vor zirka 20 Minuten) ein Pinguin. Der Pinguin war nicht wahnsinnig groß, hatte einen schwarzen Rücken und einen weißen Bauch. Hinter den Ohren war er ein bisschen grün. Ein ganz normaler, pubertierender Pinguin, würde ein Außenstehender wahrscheinlich sagen.
Dieser Pinguin ging also am Nordpol spazieren, so wie jeden Tag. Viel anderes gibt es auch nicht, was man am Nordpol sonst machen könnte. Der Pinguin hätte natürlich auch ein bisschen im Meer herumtauchen können, er hätte schlafen, fressen oder fernsehen können, aber in der letzten Zeit war ihm eher nach spazieren gehen, er wusste auch nicht genau warum.
Nach einiger Zeit begann sich der Pinguin zu langweilen. Er hatte während seines Spaziergangs, der, zugegeben, noch nicht sehr lange dauerte, über Gott und die Welt nachgedacht (eher über die Welt), und war gerade ein bisschen depressiv geworden, als er beschloss, mit dem Denken vorerst aufzuhören und sich zu langweilen.
Gerade da traf er auf eine Gruppe Eisbären. Die feierten gerade irgendetwas, wahrscheinlich eine Sponsion oder ein Firmenjubiläum oder (und das war es wahrscheinlich wirklich) dass der ORF „Eine Himmlische Familie“ abgesetzt hatte. Die Eisbären hatten jedenfalls einen Riesenspaß, tollten im Schnee herum, stießen sich gegenseitig ins Meer und jagten unschuldige Robben durch die Gegend.
Der Pinguin schaute den Eisbären ein wenig zu, er fand es sogar ein bisschen witzig, was seine Nachbarn da machten, aber wirklich Lust mitzumachen bekam er dadurch auch nicht. Also stellte er ihnen ein paar Fragen, um ein Gespräch zu beginnen. Die Eisbären hörten ihm aufmerksam zu, doch als sie ihm antworteten, merkte der Pinguin, dass sie ihn nicht verstanden hatten.
Also wanderte er weiter, immer der Küste entlang, in Richtung nirgendwo. Er dachte an nichts, und doch tat ihm sein Kopf weh vor lauter Gehirnaktivität.
Erst nach einiger Zeit entdeckte er, warum er so leer durch die Gegend schlurfte. Er blieb verdutzt stehen.
„Warum bin ich eigentlich ein Pinguin?“, fragte er laut in den arktischen Nebel hinein, und er wollte am liebsten die dicken Schwaden wegblasen, oder wenigstens treten und schlagen, „Wo sind die anderen Pinguine? Gibt es überhaupt welche? Ich kann doch nicht aus dem Nichts gekommen sein!“
Der nunmehr völlig verzweifelte Pinguin schwor sich, der Geschichte auf den Grund zu gehen.
Als er scheiterte, gab er sich in einem plötzlichen Anflug von Feigheit die Kugel.

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Kurz später war es soweit. Der Pinguin fand zum Licht zurück. Er blinzelte einige Male und als er erkannte, wo er sich befand, machte er einen innerlichen Luftsprung. Ja, das musste das Paradies sein: Schnee und Eis, soweit der Pinguin blicken konnte (nur links hinten sah er das Meer in der Sonne glitzern), ein eigenartiger Wegweiser, auf dem „Amundsen-Scott 794 km“ geschrieben stand, und... ein Pinguin, der langsam auf ihn zu kam.
Die folgenden Minuten der Vorfreude waren wundervoll für den Pinguin. Er malte sich den Beginn des Gespräches aus und begann vor lauter Aufregung zu zittern.
Als der andere ihn erreichte, stellte dieser ein paar Fragen. Der Pinguin antwortete, so wie er sich die Antworten dachte. Da drehte sich der andere um und ging in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Der Pinguin wollte dem anderen nachlaufen, doch schon beim ersten Schritt stockte er. Erst als er an sich heruntersah, bemerkte er, dass er schon längst ein Eisbär war.

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