Kriegsberichterstattung
janthfu
13:00h
Freitag, 21. März 2003,
„Tag Zwei“ im Krieg gegen den Irak („The A-Day“)
Es ist 19.53 Uhr in Wien.
Im Irak ist es exakt zwei Stunden später.
Vor einer Stunde hat „The Big Bang“, der große „Enthauptungskrieg“, unter dem Motto „Shock and Awe“ („Schock und Furcht“) seitens der Alliierten begonnen. Seither fielen hunderte Marschflugkörper und Bomben (Cruise Missiles, Scud-Raketen und wie sie alle heißen…) auf Bagdad – so viel weiß man schon.
Auf sämtlichen in- und ausländischen TV-Sendern sieht man das selbe Bild: der größte Palast Saddam Husseins steht in Flammen, Rauchpilze steigen über der Stadt auf, eine Detonation um die andere erleuchtet die Nacht, im Hintergrund hört man die irakische Flugabwehr rattern. Die ersten sieben Ölquellen brennen und sechshundert irakische Soldaten sind angeblich desertiert.
Alle Fernsehstationen berichten über den großen Angriff. Sie beziehen ihre Bilder von CNN. CNN hat sie von Al Jazeira. Die Interessen dieser beiden Sender könnten unterschiedlicher kaum sein. Schon Rudyard Kipling sagte: „Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit“. Diese (sowieso schon durch den Irak zensierten) Berichte werden aus dem Arabischen ins Englische und vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Wie viel der eigentlichen Information über diesen Weg verloren geht, wissen wir nicht und werden wir auch kaum erfahren.
Wir können nur dasitzen und fassungslos-gebannt auf das Flimmern des Kriegsschauplatzes blicken und uns dieselben ungenauen Informationen geben lassen, wie schon fünf Minuten zuvor und fünf Minuten davor und fünf Minuten davor…
Auf dem Bildschirm kann man vor lauter Logos und Balken von Al Jazeira, CNN und ORF mit den Aufschriften „Breaking News“, „Exclusive“ und „Live“ kaum noch etwas erkennen.
Ab und zu bricht die Verbindung ab – hektisches Zettel-Wenden und Brillen-Rücken im Studio – dann beginnt die Berichterstattung von neuem. Berichtet wird aus dem Irak, Kuwait, Jordanien und Katar, über Israel und Afghanistan, die Türkei und den Iran bis zu den USA. Washington meldet sich alle paar Stunden zu Wort. Außer Huldigungen der pflichtbewussten amerikanischen Soldaten bekommt man aber wenig zu hören. Die sonst so aufdringlich-präsente Weltmacht hüllt sich in Schweigen.
Wie wird es weitergehen, frage ich mich. Was wird die Zukunft bringen?
War „Krieg“ die richtige Entscheidung? Noch lebt Saddam Hussein – angeblich. Und selbst wenn er tot wäre, gibt es denn nicht andere, die für ihn einspringen würden, die Saddam als Märtyrer hochleben ließen? Lässt sich die Korruption so schnell verbannen und lässt sich Demokratie erzwingen? Hat die irakische Bevölkerung nicht mehr Angst vor einer durch Amerika bestimmten und geleiteten Demokratie als vor ihrem derzeitigen Diktator? Zwingt man die Iraker denn nicht geradezu sich hinter ihren Staatschef zu stellen, wenn ihr Land, ihre Kultur, ihr Leben bedroht wird?
Die Welt ist gespalten. Auf der einen Seite stehen da: Russland, China, Deutschland, Frankreich,… und auf der anderen: die USA, Großbritannien, Spanien, Australien,…. Und der ganze Globus alteriert, lamentiert und dementiert bis zum bitteren Ende.
Ist es richtig, sich in so einer Situation (als Staat) als „neutral“ zu deklarieren und einfach „keine“ Meinung zu haben, den Krieg weder zu unterstützen, noch ihn zu behindern? Einfacher ist es sicher, aber ist das nicht etwas feig?
Im Moment bleibt uns jedenfalls nicht viel mehr übrig, als den Krieg zu beobachten und fassungslos-gebannt auf das Flimmern zu starren, das doch ach so weit entfernt zu sein scheint…
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Last modified: 04.12.02, 18:23
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