strandgut
Dienstag, 25. März 2003
Der Regenschirm

In vielen Teilen der Erde regnet es. Es regnet in den Tropen, dort sogar sehr oft. Es regnet auch in China, dort weiß ich nicht wie oft. In Indien gibt es eine Trockenzeit, und dann kommt irgendwann ein Monsun. Ein Sturm, mit viel Regen und viel Wind. Meistens freuen sich die Leute darauf, obwohl der Monsun auch Häuser umreißt, manche Menschen sterben sogar. Ich glaub den Monsun gibt es auch in China, das ist ja nicht so weit entfernt von Indien.
In Russland regnet es auch, aber es schneit auch, und irgendwo fliegen wahrscheinlich auch Eiskörner. Russland ist ein großes Land, mit verschiedenen Klimazonen. Moskau zum Beispiel stelle ich mir wie jede andere Stadt vor. Ein bisschen kälter im Winter vielleicht, aber sonst wie die anderen Städte, normal halt. Ich hab einmal einen Film gesehen, der spielte in Moskau, und da regnete es auch. Vielleicht regnet es also öfter in Moskau. Es gibt dort auch Kanalisationensysteme, wo das Wasser unter Erde herum fließt. Wie in normalen Städten.
Dann gibt es in Russland noch so Orte, dort soll es ganz kalt sein. Aber nicht nur im Winter, immer! Und dort, wo es eben so kalt ist, dort schneit es sicher. Weil für Regen wäre es ja zu kalt. Wahrscheinlich fliegen auch manchmal Eiskörner, wer weiß dass schon.
In England, dort regnet es immer glaub ich. Und wenn es einmal nicht regnet, dann ist es trotzdem grau. Wahrscheinlich noch vom Regen davor, schließlich kommt und geht der Regen nicht und danach ist wieder Sonnenschein. Überhaupt, das ganze hat irgendwas mit Niederschlag zu tun glaube ich. Aber da kenn ich mich nicht so gut aus.
Auf jeden Fall gibt es in London die meisten Regenschirme der Welt, hab ich wo gelesen. Mir geht es ja auch immer so, ich vergess den Regenschirm überall. Man geht aus dem Haus, es regnet, man nimmt den Schirm, und dann regnet es eh nicht mehr gleich. Lass ich halt aus Versehen den Schirm wo stehen, brauche ihn ja nicht mehr. Und in London, da sind sie ja ganz besonders geschäftstüchtig, und verkaufen überall Regenschirme. Und wenn’s dann wieder zu regnen beginnt, kauft sich jeder wieder einen, weil der Schirm von vorhin inzwischen irgendwo vergessen liegt. Oder es hat ihn schon wer anderer gefunden und freut sich darüber, keinen kaufen zu müssen. Das ist mir aber noch nie passiert.
Wahrscheinlich gibt es mehrere Arten von Regenschirmbenutzern. Natürlich gibt es auch Leute, die benutzen gar keine Regenschirme, die werden nass. Die verkühlen sich dann und werden krank, vielleicht wollen sie das eh so. Es könnte ja sein dass sie unzufrieden mit ihrem Job sind, oder ein Vorgesetzter ist böse zu ihnen, oder so. Da sind sie sicher froh ein bisschen krank zu sein und daheim fernsehschauen zu können.
Es soll auch Regenschirmsammler geben, hab ich gehört. Die gehen absichtlich ohne Schirm aus dem Haus, damit sie sie dann einen neuen kaufen können. Die haben sicherlich schon ganz viele zuhause, in allen Farben. In Rot, oder in Blau, oder gestreift, oder gefleckt, oder irgendwie halt. Die Regenschirmsammler sollen auch ganz penibel darauf acht geben, auf ihre Schirme, putzen die immer und so. Und niemand anderer als sie dürfen die Schirme angreifen, nur sie. Ich glaube das gefällt ihnen.
Es gibt aber auch die Kaputzenjackenträger, die brauchen auch keinen Regenschirm.
Ich glaube Kaputzenjackenträger fürchten sich vor etwas. Ständig wenn ich die sehe sieht es so aus als würden sie sich vor etwas verstecken wollen. Wie kleine Mäuse schauen sie dann aus ihrer Kaputze heraus, spähend, ob ihnen auch ja nichts zustoßen kann.
Wenn es besonders stark regnet, bildet sich bei manchen Kaputzen sogar ein kleiner Teich oben, dass muss vielleicht ein komisches Gefühl sein. Mit der Zeit könnte sich da sogar ein Biotop bilden. Dass würde den meisten Kaputzenträgern wahrscheinlich gefallen. Dort könnten sie dann Blumen züchten, Seerosen wachsen lassen und so. Und wenn ihnen was nicht gefällt, ändern sie es gleich, in ihrem Biotop.
Wahrscheinlich wäre das das richtige für mich. Man hat eine Kaputzenjacke, und wenn es regnet, setzt man die Kaputze auf. Und verlieren kann man die Jacke auch schwer, denn man würde es bald merken, schließlich wäre einem kalt.
Ich würde wahrscheinlich vergessen dass ich eine Kaputze an der Jacke hab und mir wieder einen Regenschirm kaufen. Und würde ich es nicht vergessen, würde ich eine andere Jacke anziehen, denn ich würde mir denken, es begänne eh nicht zu regnen. Und dann kauf ich wieder einen Regenschirm. Die Regenschirm Industrie muss eigentlich ganz gut an mir verdienen.

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Sonntag, 23. März 2003
Kriegsberichterstattung

Freitag, 21. März 2003,
„Tag Zwei“ im Krieg gegen den Irak („The A-Day“)
 
Es ist 19.53 Uhr in Wien.
Im Irak ist es exakt zwei Stunden später.
Vor einer Stunde hat „The Big Bang“, der große „Enthauptungskrieg“, unter dem Motto „Shock and Awe“ („Schock und Furcht“) seitens der Alliierten begonnen. Seither fielen hunderte Marschflugkörper und Bomben (Cruise Missiles, Scud-Raketen und wie sie alle heißen…) auf Bagdad – so viel weiß man schon.
Auf sämtlichen in- und ausländischen TV-Sendern sieht man das selbe Bild: der größte Palast Saddam Husseins steht in Flammen, Rauchpilze steigen über der Stadt auf, eine Detonation um die andere erleuchtet die Nacht, im Hintergrund hört man die irakische Flugabwehr rattern. Die ersten sieben Ölquellen brennen und sechshundert irakische Soldaten sind angeblich desertiert.
Alle Fernsehstationen berichten über den großen Angriff. Sie beziehen ihre Bilder von CNN. CNN hat sie von Al Jazeira. Die Interessen dieser beiden Sender könnten unterschiedlicher kaum sein. Schon Rudyard Kipling sagte: „Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit“. Diese (sowieso schon durch den Irak zensierten) Berichte werden aus dem Arabischen ins Englische und vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Wie viel der eigentlichen Information über diesen Weg verloren geht, wissen wir nicht und werden wir auch kaum erfahren.
Wir können nur dasitzen und fassungslos-gebannt auf das Flimmern des Kriegsschauplatzes blicken und uns dieselben ungenauen Informationen geben lassen, wie schon fünf Minuten zuvor und fünf Minuten davor und fünf Minuten davor…
Auf dem Bildschirm kann man vor lauter Logos und Balken von Al Jazeira, CNN und ORF mit den Aufschriften „Breaking News“, „Exclusive“ und „Live“ kaum noch etwas erkennen.
Ab und zu bricht die Verbindung ab – hektisches Zettel-Wenden und Brillen-Rücken im Studio – dann beginnt die Berichterstattung von neuem. Berichtet wird aus dem Irak, Kuwait, Jordanien und Katar, über Israel und Afghanistan, die Türkei und den Iran bis zu den USA. Washington meldet sich alle paar Stunden zu Wort. Außer Huldigungen der pflichtbewussten amerikanischen Soldaten bekommt man aber wenig zu hören. Die sonst so aufdringlich-präsente Weltmacht hüllt sich in Schweigen.
Wie wird es weitergehen, frage ich mich. Was wird die Zukunft bringen?
War „Krieg“ die richtige Entscheidung? Noch lebt Saddam Hussein – angeblich. Und selbst wenn er tot wäre, gibt es denn nicht andere, die für ihn einspringen würden, die Saddam als Märtyrer hochleben ließen? Lässt sich die Korruption so schnell verbannen und lässt sich Demokratie  erzwingen? Hat die irakische Bevölkerung nicht mehr Angst vor einer durch Amerika bestimmten und geleiteten Demokratie als vor ihrem derzeitigen Diktator? Zwingt man die Iraker denn nicht geradezu sich hinter ihren Staatschef zu stellen, wenn ihr Land, ihre Kultur, ihr Leben bedroht wird?
Die Welt ist gespalten. Auf der einen Seite stehen da: Russland, China, Deutschland, Frankreich,… und auf der anderen: die USA, Großbritannien, Spanien, Australien,…. Und der ganze Globus alteriert, lamentiert und dementiert bis zum bitteren Ende.
Ist es richtig, sich in so einer Situation (als Staat) als „neutral“ zu deklarieren und einfach „keine“ Meinung zu haben, den Krieg weder zu unterstützen, noch ihn zu behindern? Einfacher ist es sicher, aber ist das nicht etwas feig?
Im Moment bleibt uns jedenfalls nicht viel mehr übrig, als den Krieg zu beobachten und fassungslos-gebannt auf das Flimmern zu starren, das doch ach so weit entfernt zu sein scheint…
 

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Donnerstag, 20. März 2003
Warum ich nicht auf Friedensdemos gehe

Demonstrationen sind immer aktuell – und das schon seit einigen Jahrzehnten.
Meistens sind sie Märsche einiger Dutzend bis hunderttausender Gegner oder Befürworter von verschiedenen Regierungsmaßnahmen, Streiks, Umweltzerstörung, und eben auch Krieg oder Frieden.
Ich bin der Meinung, dass die Friedensdemonstration eine Sonderstellung einnimmt. Kein anderes Thema findet so großes Interesse und kein anderer Diskussionsinhalt kann so polarisieren.
In den letzten Wochen wurde der drohende Irakkrieg nicht nur in Medien und diplomatischen Verhandlungen zum Gesprächsthema Nummer 1. Selbstverständlich war er auch in der Zivilbevölkerung in aller Munde, und so dauerte es nicht lange, bis die ersten Friedenskundgebungen aufkamen. Diese nahmen im Lauf der Wochen stetig zu, und schließlich fanden weltweit in nahezu allen Großstädten, von New York bis Mombasa, von Surabaya bis Wien, Anti-Kriegs-Märsche oder -Gebete statt.
Oft waren es junge Leute, die auf die Straße gingen, um für eine der wichtigsten Sachen der Welt zu demonstrieren. Auch viele meiner Freunde und Bekannten waren dabei.
Ich nicht.
Obwohl ich die Forderungen vieler Demonstrationen voll und ganz unterstütze, sie oft auf anderem Wege selbst verfechte. Ich kann Demos aber nicht ernst nehmen, wenn die meisten DemonstrantInnen sich so wenig mit dem Thema auseinandergesetzt haben, geschweige denn auskennen, um dafür oder dagegen argumentieren zu können. Ich kann sie nicht ernst nehmen, so lange bei friedlichen (oder sogar Friedens-) Kundgebungen Transparente mit Aufschriften wie „Fight Capitalism", „Eat the Rich" usw. zu lesen sind. Und ich kann sie vor allem nicht ernst nehmen, oder gar gutheißen, so lange Demos mit gewalttätigen Ausschreitungen an der weltweiten Tagesordnung stehen.
Ich weiß, dass vor allem die letzten Zeilen mit der in Mitteleuropa üblichen Kundgebung, Gott sei Dank, nicht viel zu tun haben. Allein die Tatsache, dass es solche Fälle, verzerrt mein Bild dieser Art politischer Artikulation so dermaßen, dass ich nicht bereit bin, an Demonstrationen teilzunehmen. Ich suche stattdessen nach anderen Formen des Dialoges und der Diskussion.
Schließlich bietet das Internet ja auch nicht gerade unpraktische Möglichkeiten.

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