strandgut
Mittwoch, 19. März 2003
Die Gratiszeitung

Immer wochentags im Zeitraum von 07.00 Uhr bis 17.30 Uhr bin ich 2 mal täglich jeweils 1 ganze Stunde mit den Wiener Linien unterwegs. Was macht man allerdings diese langweiligen 8 1/3 % eines 24-Stunden-Tages in der U-Bahn, der Straßenbahn, dem Bus? Richtig! Man liest!
Ich zumindest lese gerne in den „Öffis", um diese 2 Stunden rüttelnden Fahrens durch Tunnel und über Kopfsteinpflaster zu überbrücken. Außerdem komme ich sonst kaum dazu dieser meiner Leidenschaft nachzugehen.
Aus diesem Grunde freute ich mich sehr, als voriges Jahr eine gratis U-Bahn-Zeitung in den Stationen zur freien Entnahme zur Verfügung stand. Ist ja auch grundsätzlich eine gute Idee!
Vor den Entnahme-Ständern der „unabhängigen" Zeitung bildeten sich lange Schlangen bis vor die Stationen und um die letzten Exemplare wurde unter Zuhilfenahme mehrerer „Fifis" und „Waldis" erbittert gekämpft. Schlussendlich fiel das „Blatt" meist den Hunden zum Opfer, die ihre Beute stolz zerkauten.
Als ich nun endlich das erste Mal eine dieser begehrten Zeitungen in Händen hielt, drehte sich mir augenblicklich der Magen um. Wie ein Blitz durchschoss es mich: das Layout der Zeitung, die „dezent" gewählten Aufmacher und vor allem die „Nackedei von Seite drei" kamen mir reichlich bekannt vor.
Ich blätterte das Kleinformat (igitt!) durch und las die wirklich „sehr brav" recherchierten Beiträge, von denen kaum einer länger war als die Überschrift, die darüber in doppelt-fetten Lettern prangte.
Ich hätte mir wirklich mehr erwartet! Schlägt man die Zeitung auf, findet man seiten-große Fotos von Tieren und nackten „Frauen von nebenan" neben Monster-Beiträgen zu weltpolitisch und wirtschaftlich höchst bedeutenden Themen, wie: „Fünfundzwanzigstes Kind Steffi Graf´s geboren"‚ „Flitzer im Türkenschanzpark festgenommen", „Dagmar Koller mit DJ Bobo liiert?", „Hat Saddam höheren IQ als Bush?", „Arnie nicht mehr der Stärkste?", „Zuckerstückchen-Weitwurf neue Trendsportart?", „Nägelkauen – neue Methode zum Schlankwerden?",…(‡ Keine Originaltexte, wenn auch nur leicht abgeändert!). Klar, dass wirklich interessante Themen hier keinen Platz mehr finden! Leider werden oftmals auch Fakten ignoriert, ausländerfeindliche Artikel verfasst und verallgemeinert.
Meiner Meinung nach sagt auch Folgendes sehr viel über die Qualität dieser Zeitung aus: bereits in der Früh findet man vollbusige Schönheiten und High-Society-VIP´s zerfetzt und zertrampelt über sämtliche Bahnsteige, Gleisanlagen, Sitze und Straßen verteilt.
Ich frage mich wirklich, wozu das viele Papier für so etwas „Wertvolles" ver(sch)wendet und unsere Umwelt dadurch weiter verschmutzt werden sollte. Mir kann so eine Art der „unabhängigen" Zeitung gestohlen bleiben. Sollen sich doch die Leute darum streiten bis sie blau anlaufen.
Ich finde es nur schade, dass es kein Pendant zu so einem „Schundblatt" als Gratiszeitung gibt und wahrscheinlich auch nie geben wird, weil die Menschen einfach zu faul sind eine Zeitung aufzufalten, mehr als nur die Überschriften zu lesen und Bildchen anzusehen und sich ihre eigene Meinung zu bilden…

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anmerkungen zur albertina

Mein kürzlich eingetroffener Besuch aus Neuseeland regte mich an in die Albertina zu gehen. Trotz den von mir befürchteten Menschenmassen entschloss ich mich dafür…
Von außen sah das Gebäude noch sehr unvollendet aus - wobei man dies ja auch als Kunst betrachten könnte. Die Tatsache dass die Restaurationen schlappe 80 Mio. Euro verschluckten ließ meine Erwartungen ansteigen.
Nachdem ich die Stufen zum Haupteingang erklommen hatte und die Eingangshalle betreten hatte war ich - so könnten man es sagen -, geblendet. Die Sonne blitzte durch ein schräges Glasdach in einen sehr edel restaurierten Innenhof. Auf der rechten sowie der linken Seite stehen zwei schwarze Tische (schwarz ist heutzutage modern) die man als Kassa bezeichnen könnte. Die Anzahl von zwei möchte ich hier betonen, da natürlich nur der eine geöffnet war. Natürlich stellt sich mir hier die Frage, wann denn der andere geöffnet werden soll, wenn nicht zwei Tage nach der Neueröffnung? Okay, ich möchte mich aber jetzt nicht länger mit der Kassa beschäftigen.
Nachdem ich einen aus Marmor ausgekleideten Gang hinter mich gelegt hatte wurde ich von einem noch sehr neuen Geruch sowie von lärmenden Geräuschen empfangen. Auch hier sind die Baustellen noch nicht beseitigt. In der zweiten Etage stehen eine Menge griechischer Figuren. Der Museumswerter konnte mir leider auch nicht mit den Namen weiterhelfen.
Ich entschloss mich als erstes die alten Hofzimmer zu besichtigen. Die Räume sind mit einem edel verzierten Parkettboden ausgelegt der mir persönlich vom Stil her am besten gefallen hat. Bemerkenswert sind auch die Decken. Die riesigen Kronleuchter stechen leuchtend zwischen den schwebenden Engelskindern hervor, die Probleme wohl nicht kennen zu scheinen. Ganz besonders unpassend fand ich eines der kleineren Zimmer: die Wände sind mit einem grellen (nicht Neon) gelben Stoff mit kleinen Blumenmustern darauf ausgekleidet. Der Holzboden sticht sich perfekt mit diesem. An der Decke hängt ein Kronleuchter mit bunten Steinen, bei denen vor allem die zahnpastagrünen hervorstechen. An den Wänden hängen zwei interessante, moderne, große Bilder die sich wohl ein bisschen in der Zeit geirrt haben. Den Abschluss machte eine alte Dame, die sich unter dem Kronleuchter befand. Sie selber könnte als wandelndes Kunstwerk aufgefasst werden. Von Kopf bis Fuß war sie in türkisgrün gekleidet – selbst der Hut hatte dieselbige Farbe.
Jetzt endlich ging ich in die Munch Ausstellung – eines der Hauptgründe wegen denen ich hergekommen war. Nach den ersten 3 Räumen war meine Aufnahmefähigkeit schon gesättigt. Es ist schade, die Bilder nur so kurz zu sehen. Aber trotzdem stand ich, wie in jeder Ausstellung, auch hier im Zwiespalt: entweder schaue ich mir viele Bilder ungenau oder wenige genau an. Meistens entscheide ich mich erst für das letztere und wenn ich das erledigt habe für das Erste -. Also komme ich doch dort hinaus wo ich nicht hin möchte – die Kunst in ich hineinzuquetschen! Warum kann man nicht für jedes Bild 5 Cent zahlen? Was habe ich von einem tollen Bild wenn ich später nicht mal mehr den Namen erinnere weil es unter hundert anderen tollen Bildern untergeht?!
Auf jeden Fall ist es eine sehr gute Ausstellung! Jetzt noch überlege ich, sie ein zweites Mal anzusehen (aber diesmal von hinten angefangen – damit nicht wieder die ersten Bilder privilegiert werden!). Aber wie ich mich kenne wird dies eh im Zeitmangel und „Ausstellungsmeer" untergehen! Trotzdem empfehle ich selbst den Kunstuninteressierten sich Zeit für die Munch Bilder zu nehmen – bis zum 22. 06. sind sie noch zusehen (www.albertina.at)!

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Dienstag, 11. März 2003
soll ich schiessen lassen

denk über Krieg&so nach.
Ob militärische Gewalt prinzipiell abzulehnen ist
oder ob es Fälle gibt, in denen schon...
Ich stelle mir vor:
Ein Flugzeug ist vom Kurs abgekommen, vielleicht, sicher ist man nicht- sind Terroristen an Bord.
Jedenfalls rasen sie auf ein vollbesetztes Hochhaus zu.
Ich bin Präsident, und muss entscheiden, ob ich das Flugzeug abschiessen lasse.Und habe nur sehr kurz Zeit, mich zu entscheiden.
Nun, denn:

Nur noch 5 Minuten. Und das Flugzeug das ohne Vorwarnung oder Erklärung seinen Kurs Richtung Stadt änderte ist schon gefährlich nahe. Doch alle bisher erhaltenen Informationen sind ungenau und unschlüssig. Falls es wirklich Terroristen sind könnte man sie in 3 Minuten vom Himmel holen, aber wenn nicht. Eine schwierige Entscheidung, die ich gerne abtreten würde. Doch bis dahin wäre es, falls es Terroristen sind wahrscheinlich schon zu spät. Was ist wichtiger, das Leben von ein paar tausend Menschen sicher zu retten und dafür das Leben von 250 Menschen zu riskieren die in einem Flugzeug sitzen, dass vielleicht nur kurz vom Kurs abgekommen ist. Oder das Leben von Tausenden zu riskieren, wenn die 250 anderen im schlimmsten Fall sowieso sterben würden. Doch was würden die Massen sagen wenn ich 250 Menschen umsonst in den Tod schicke. Andererseits was wäre wenn das Flugzeug wirklich am weg in das Hochhaus ist. …..
Was ist schlimmer? Die Sicherheit, dass etwas schlimmes passieren wird, oder die Unsicherheit, dass etwas schlimmes passieren könnte.
Die Zeit läuft und läuft und läuft und die Zeit in der ich meine Entscheidung fällen muss rückt näher und näher. Wie wiegt man Leben gegen einander ab? Oder gilt es einfach nur, egal wie viele Unschuldige sterben, zu zeigen, dass unser Land vor Anschlägen sicher ist?
Im ersten Gedanken würde ich sagen, riskieren wir es, es wird schon nichts passieren. Aber im zweiten Gedanken schaut alles schon wieder ganz anders aus. Und das Schlimme ist in 2 von 3 Fällen, egal was ich entscheide stirb jemand. Soll ich das Schicksal entscheiden lassen? Soll ich eine Münze werfen? Soll ich mich auf die erhaltenen Informationen verlassen oder nicht? Ich glaube, ich werde feuern. Das Risiko ist groß aber andererseits, wenn ich’s nicht tue, wie viele Menschenleben hängen nur von dieser verdammten Entscheidung ab. Ja, ich glaube ich werde schießen. Nur werde ich dann nie erfahren, ob wirklich Terroristen das Flugzeug entführt haben. Mein Leben lang würden mich Schuldgefühle quälen. Doch wenn das Flugzeug in das Gebäude fliegt wäre das ganze 100 mal so schlimm. Für alle Beteiligten und auch für mich.
Feuer frei!!
Hoffentlich waren es Terroristen und ich habe etwas gutes und richtiges getan!

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Last modified: 04.12.02, 18:23
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